Das ADR – das große internationale Regelwerk für Gefahrguttransporte auf der Straße - ändert sich im Zwei-Jahres-Rhythmus. Oft sind es nur kleine Stellen im dicht gewebten Vorschriften-Teppich, die modifiziert werden.
Doch an der einen oder anderen Stelle werden auch komplett neue Fäden und Muster eingezogen. Mit vielen kleinen, mitunter kniffligen Verknüpfungen, die eine ziemliche Tragweite entfalten können. Umso wichtiger ist es, frühzeitig Bescheid zu wissen und Ihre Abläufe rechtzeitig anzupassen, damit Ihre Transporte weiterhin glatt durch die Kontrollen laufen und nicht hängen bleiben. Stichtag ist der 1.1.2023.
Unten finden Sie einige Stichpunkte zu den Änderungen im ADR 2023.
Als Leitfaden diente dabei
1. das Manuskript zur im Mai 2022 erschienenen Ausgabe von Gefahrgutrecht aktuell – der großen Vorschau von Jörg Holzhäuser auf das ADR/RID/ADN 2023.
2. der Artikel „Gemeinsam entscheiden (I)“ von Jochen Conrad in gefährliche ladung 02/2022.
Und natürlich sind in der großen ecomed-Storck-Buchausgabe des ADR 2023 die geänderten Stellen per Grauraster markiert.
Das bisherige Ineinander von Begriffsbestimmungen, Maßeinheiten und Abkürzungen im Kapitel 1.2 wird im ADR 2023 in drei separate Abschnitte aufgetrennt:
Die schon lange angedachte Überarbeitung und Harmonisierung der Prüfung und Zulassung aller Tanks (nicht nur für Gase) zog sich über Jahre hin.
Nun ist es endlich soweit: In Anlehnung an die Regelungen der TPED (Transportable Pressure Equipment Directive - Europäische Richtlinie für ortsbewegliche Flaschen und Großflaschen) wird das Prinzip der gegenseitigen Anerkennung eingeführt. Damit gibt es gemeinsame Anforderungen an die Ernennung und Überwachung von Prüfstellen.
Somit dürfen Tanks, die von einer zuständigen Behörde erstmalig zugelassen wurden, in einem zweiten Land der erstmaligen und wiederkehrenden Prüfung (durch eine vom zweiten Land ernannten Prüfstelle) unterzogen werden. Dafür werden Verzeichnisse anerkannter Prüfstellen geschaffen und veröffentlicht. Außerdem werden nationale Anforderungen für die Duplizierung bestehender Tankzulassungen beim Import von Tankfahrzeugen gestrichen.
Weitere Erläuterungen dazu gibt es in einem Dokument der Gemeinsamen Tagung – hier das Suchstichwort:
OTIF/RID/RC/2021/34/Rev.1
(ECE/TRANS/WP.15/AC.1/2021/34/Rev.1) vom 27. Dezember 2021.
Im ADR 2023 gibt es eine neue UN-Nummer – die 3550.
Die genaue Benennung des Stoffes zu dieser neuen UN-Nummer:
3550 COBALTDIHYDROXID-PULVER mit mindestens 10 % lungengängigen Partikeln, Kl. 6.1.
Was hat es damit auf sich?
Cobalt wird aus Cobaltdihydroxid gewonnen, das in verschiedenen Formen befördert wird:
Wie im Rahmen der REACH-Verordnung nötige Tests zeigten, entwickelt Kobaltdihydroxid in Pulverform lungengängigen Staub. Das Einatmen dieses Staubes wirkt erwiesenermaßen akut giftig – daher ist das Pulver nun zwingend der Klasse 6.1 Toxische Feststoffe, durch Inhalation, Kategorie 1, Verpackungsgruppe I zuzuordnen. Damit passt seine bisherige Zuordnung zur UN 3077 Umweltgefährdender Stoff, fest, n.a.g., Verpackungsgruppe III nicht mehr – und das heißt, dass sie ab ADR 2023 auch nicht mehr verwendet werden darf.
Doch seit Jahrzehnten wird dieses Cobaltdihydroxid-Pulver tonnenweise in flexiblen IBC befördert … geht das ab 2023 nicht mehr? Doch – denn genau dafür gibt es nun die neue UN-Nummer 3550, in Verbindung mit einer neuen Sondervorschrift für die Verpackung (flexible IBCs mit staubdichten Innenauskleidungen, die ein Austreten von Staub während der Beförderung verhindern).
Achtung:
Grobkörniges, pastöses (also pastenartiges) Cobaltdihydroxid, das keinen lungengängigen Staub produziert, darf weiterhin unter UN 3077 befördert werden.
Weitere Infos dazu finden Sie in Gefahrgutrecht aktuell und im Artikel „Gemeinsam entscheiden (I)“ in gefährliche ladung 02/2022.
Im Rahmen der Harmonisierung wurde auch auf UN-Ebene die Option geschaffen, faserverstärkte Kunststoffe (FVK) für ortsbewegliche Tanks zu verwenden.
Solche Tanks aus FVK werden schon länger weltweit für Tankcontainer genutzt –auch ohne besondere Zulassung für den Seeverkehr. Um diese Lücke zu schließen, wurde eine informelle Arbeitsgruppe tätig. Die beschlossenen Änderungen ziehen sich wie folgt ins ADR 2023 durch:
Bisher regelte das ADR-Kapitel 6.9 die Auslegung, den Bau, die Ausrüstung, die Zulassung des Baumusters, die Prüfung und die Kennzeichnung von festverbundenen Tanks (Tankfahrzeugen), Aufsetztanks, Tankcontainern und Tankwechselaufbauten (Tankwechselbehältern) aus faserverstärkten Kunststoffen (FVK).
Dieses bewährte bisherige Kapitel diente als Vorlage für das neue Kapitel 6.9, das jedoch im ADR 2023 komplett auf die Auslegung, den Bau und die Prüfung von ortsbeweglichen Tanks mit Tankkörpern aus faserverstärkten Kunststoffen (FVK) zugeschnitten ist.
Das bisherige Kapitel 6.9 bleibt inhaltlich bestehen, wird im ADR 2023 aber zum Kapitel 6.13.
Weshalb das Ganze? Faserverstärkte Kunststoffe (FVK) bieten gegenüber klassischen Tank-Werkstoffen wie Metallen eine ganze Reihe handfester Vorteile: Vor allem geringeres Gewicht, Korrosionsbeständigkeit (Lebensdauer), reduzierter Energieverbrauch bei der Herstellung, keine zusätzliche Auskleidung mehr nötig, niedrigere Kosten.
Politik und Gesellschaft möchten weniger Plastikmüll – das bedeutet auch, dass der Anteil recycelter Kunststoffe bei Verpackungen erhöht werden soll. Das ADR 2023 kommt dem nach – es dürfen nun auch für starre Kunststoff-IBC und für Kombinations-IBC mit Kunststoff-Innenbehältern Recycling-Kunststoffe verwendet werden, die aus gebrauchten Industrieverpackungen gewonnen wurden.
Dieser Aspekt wird im ADR 2023 konsequent durchgezogen:
Lithiumbatterien sind bei praktisch jeder Änderungsrunde im ADR mit dran – auch 2023.
Neu ist, dass nun Großverpackungen endlich auch für mehrere beschädigte/defekte Lithiumbatterien verwendet werden dürfen:
LP906 in Verbindung mit P911:
Großverpackungen für mehrere beschädigte/defekte Lithiumbatterien jetzt erlaubt
Die Verpackungsanweisung LP906 sah bislang vor, dass in eine Großverpackung nur eine einzelne große beschädigte oder defekte Lithiumbatterie darf. Damit durften Großverpackungen, die für eine 600-kg-Batterie ausgelegt sind, zwangsläufig nicht für die Beförderung von vier Batterien für Hybridfahrzeuge mit je 120 kg verwendet werden. Bisschen widersinnig, denn der Energiegehalt einer 600-kg-Batterie ist ja höher als der von vier Hybridbatterien ...
Das wird mit dem ADR 2023 glattgezogen: Künftig dürfen auch mehrere Lithiumbatterien in eine Großverpackung. Um dabei Fehler von vorneherein auszuschließen, muss der Verpackungshersteller jedoch detaillierte Verwendungsanweisungen dafür liefern, die klar machen,
maximal zugelassen sind. Auch die
müssen spezifiziert werden (dafür gibt es extra eine neue Zusatzvorschrift in P911).
Mehr dazu in Gefahrgutrecht aktuell und im Artikel „Gemeinsam entscheiden (I)“ in gefährliche ladung 02/2022.
Seit vielen Jahren in der Gefahrgut-Praxis eine unangenehme Reibungsfläche, die im ADR 2023 endlich beseitigt wird: importierte US-amerikanische Gasflaschen (der exakte Begriff in der ADR-Diktion ist „wiederbefüllbare Druckgefäße“), die zwar vom US-amerikanischen Verkehrsministerium (DOT), nicht aber in den ADR-Staaten zugelassen sind. Jetzt ist es endlich explizit erlaubt, sie zu verwenden und zu transportieren. Dabei sind weitere Bestimmungen einzuhalten – welche genau, steht in Gefahrgutrecht aktuell. Und natürlich auch im ADR 2023.
Mit dem neuen Unterabschnitt 1.1.4.7 Wiederbefüllbare Druckgefäße, die vom Verkehrsministerium der Vereinigten Staaten von Amerika zugelassen wurden kann nun die Multilaterale Vereinbarung M318 entfallen.
Auch da tut sich wieder so einiges – meist im Detail.
Doch eine komplett neue Sondervorschrift gibt es - die neue SV 676 für die Beförderung von Abfall-Versandstücken, die polymerisierende Stoffe enthalten:
Für die Praxis ist diese maßgeschneiderte Sondervorschrift eine große Erleichterung.
Denn sie erlaubt es nun ausdrücklich, die (in der gelebten Praxis praktisch nicht einhaltbaren …) Vorgaben der Sondervorschrift 386 und die weiteren damit verknüpften Passagen beiseite zu lassen.
Jedoch nur unter der Voraussetzung, dass gewisse physikalische Randbedingungen (wie z.B. ausreichende Belüftung und Schutz vor Wärmequellen) sichergestellt sind.
Diese Erleichterung gilt vor allem für polymerisierende Stoffe, die gerade deswegen entsorgt werden sollen,
Die Tabelle A wird praktisch bei jeder Änderung mit angefasst. Mit zahlreichen punktuellen Änderungen, die Praktikern das Gefahrgut-Leben ein wenig komfortabler machen. Zwei schnell herausgegriffene Beispiele für 2023:
Soviel als kurzer Abriss - im Detail wird 2023 in den ADR-Vorschriften natürlich noch sehr viel mehr geändert. Was genau?
Das erfahren Sie in diesen maßgeschneiderten Gefahrgut-Informations-Medien:
Damit Sie sich passgenau informieren und vorbereiten können, gibt es die Vorschau Gefahrgutrecht aktuell in Buchform. Mit vielen kurzen Textauszügen. Und Hintergrundinformationen, was sich die Entscheidungsgremien bei welcher Änderung gedacht haben - sie machen klar, wo und wie das ADR konkret umgestrickt wird und welche Regeln ab 2023 gelten.
Damit Sie die neuen Schnittmuster im ADR ohne lange Vorbereitung leicht und schnell mit ansprechenden Grafiken präsentieren können, gibt es maßgefertigte Vorlagen und Hintergrundinfos in Ihrer Gefahrgutrecht-aktuell-Präsentation. Damit überzeugen Sie garantiert.
Das Gefahrgutrecht für den Transport gefährlicher Güter auf der Straße ist so komplex und umfangreich gewebt, dass Sie sich nicht auch noch mit schwer lesbaren Texten und Tabellen herumärgern sollten! Auch wenn es oft kleine, feine Details sind, die nur Profis auffallen – die sehr sorgfältig erstellten Texte und Tabellen in der ADR 2023-Ausgabe von ecomed-Storck sorgen für Lesbarkeit und Klarheit:
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Jörg Holzhäuser
Jörg Holzhäuser, Jahrgang 1960, Dipl. Verwaltungsbetriebswirt. Ab 1993 im Verkehrsministerium des Landes Rheinland-Pfalz mit dem Schwerpunkt „Gefahrgutbeförderungsrecht“ tätig, hinzu kommen Themen wie Ladungssicherung, Berufskraftfahrerqualifikation und Verkehrssicherheit. Derzeit tätig im Verkehrsministerium in Rheinland-Pfalz und Vertreter des Landes im Bund-Länder-Fachausschuss „Beförderung gefährlicher Güter“, im Gefahrgut-Verkehrs-Beirat und in AGGB-Arbeitsgruppen. Referent bei der Berufsgenossenschaft RCI. Auslandstätigkeit für die GTZ in Thailand. Leiter verschiedener Gefahrgut-Gesprächskreise mit Wirtschaft und Behörden in Rheinland-Pfalz und auf Bundesebene. Autor und Mitautor umfangreicher Gefahrgut-Fachliteratur. Anerkannter Gefahrgut-Referent und Verfasser von Fachbeiträgen in Gefahrgut-Fachzeitschriften. Seit 1996 Referent und Moderator der Münchner Gefahrgut-Tage. Mitglied und Gründer des Gefahrgutforums Rhein-Mosel bei der IHK Koblenz.
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